Ohren auf - und los geht's!

Zuhören könnte doch so leicht sein.

15.01.2022

Schöne Gespräche zeichnen sich für mich dadurch aus, dass ich erst noch einen Moment vergehen lassen kann, nachdem mein Gegenüber ausgeredet hat. Also dadurch, dass ich den Moment der Stille, der dann entsteht, genießen kann – in dem Wissen, dass ich mich nicht beeilen muss, um auch meine Gedanken einbringen zu können. Die Worte des anderen können dann nachklingen. Manchmal bekommen sie dadurch auch ein anderes Gewicht. Zu echtem Zuhören gehört diese Pause in meinen Augen dazu.

Reden - übereifrig schnell
Gleichzeitig bin ich bei Themen, die mir sehr am Herzen liegen, eine Übereifrige, die kaum warten kann, bis der/die andere ausgeredet hat. Das passiert mir besonders dann, wenn mein(e) Gesprächspartner*in eine andere Meinung zu dem Thema hat. Obwohl ich weiß, dass ob ich mein Gegenüber überzeugen kann, gar nicht davon abhängt, wie schnell ich reagiere und wie lange und viel ich rede.

Mit dieser Macke bin ich in guter – eigentlich passender: großer – Gesellschaft. Menschen, die etwas bewegen möchten, brüsten sich eher nicht damit, gut zuhören zu können. Insgesamt erscheint es he.ute attraktiver, selbst zu reden, als zuzuhören. So wie wir Aktivität meist auch höher bewerten als Passivität und extrovertierte Menschen leichter Erfolg haben als introvertierte

Doch wer mag zuhören?
Andererseits gehört Reden und Zuhören ja doch zusammen. Eins macht ohne das andere wenig Sinn. Wie kommen wir als Gesellschaft zusammen, wenn jeder redet, aber niemand dem anderen mit Interesse zuhört? Doch das lassen wir lieber außeracht und konzentrieren uns ganz auf die Sender*innen-Perspektive: Reden und Gehörtwerden.

Gehörtwerden ist das, wonach wir uns tief in unserem Kern sehnen. Gespiegelt zu werden, Akzeptanz zu erfahren. Gehört zu werden. Wenn ich mich gar nicht gehört fühle, werde ich unsicher und immer unsicherer. Ich werde mich isoliert fühlen, vielleicht sogar einsam. Von daher ist ein Gehörtwerden ein großes, ein fundamentales Bedürfnis.

Zwei Thesen
Eine These könnte sein: Diese Bedürftigkeit entspringt einem Mangel an Selbstliebe. Und aus der Sorge heraus, zu wenig gehört zu werden, ist uns das Zuhören abhandengekommen. Eine weitere These: Wir werden den ganzen Tag derart beschallt (selbst an Orten der Ruhe, wie in der Sauna, läuft ja inzwischen oft Musik), dass wir das Weghören trainieren mussten, um nicht überflutet zu werden. Und aus diesem Modus kommen wir nun kaum mehr raus.

Wie geht es Dir mit dem Zuhören? Und welche Lösung hast Du für Dich gefunden? Wir freuen uns über Deine Kommentare auf www.instagram.com/wie.dich.selbst/. Eure Susanne