16.10.2021
Der große Busen, den ich schon als junges Mädchen hatte, war für mich eine harte Bürde. Einerseits hat mich irritiert und verunsichert, dass die Männerwelt drauf so fixiert war. Ich hatte dadurch oft das Gefühl, um mich selbst als Mensch geht es irgendwie weniger. Andererseits war der große Busen in meinen eigenen Augen nicht attraktiv, sondern zu ‚mütterlich‘. Und mütterlich wollte ich in gar keinem Fall sein. Davon wollte ich mich so weit wie möglich entfernen. So hat es dann sehr lange gedauert, bis ich auch meinen Körper lieben konnte, wie er ist.
Mütterlich zu sein, dass hat in der Bundesrepublik bis heute keinen ausschließlich positiven Ruf. Wenn z.B. der ersten deutschen Kanzlerin der Beiname Mutti verpasst wurde, dann war das garantiert nicht (nur) wertschätzend gemeint.
Bald ist sie Geschichte, die erste deutsche Bundeskanzlerin. Ist vorstellbar, dass wir ihren männlichen Nachfolger als Papi verspotten?
In meinen Augen war ‚Mutti Merkel‘ ein Versuch, sich über weibliche Macht lustig zu machen. Mütterlich zu sein wird belächelt. Weibliche Führungskräfte müssen bis heute aufpassen, dass sie nicht zu ‚weiblich‘ rüberkommen. (Und natürlich ist mir klar, dass wir über die Frage, was denn das ist, lange diskutieren könnten…) Aber was sie garantiert nicht dürfen, ist: mütterlich erscheinen. Vielleicht liegt es auch daran, dass dieser Eigenschaft unterstellt wird, das richtige Maß an Fürsorglichkeit nicht zu finden. Dabei gehört zur Mütterlichkeit neben dem fürsorglichen Nähren und Schützen doch genauso das Raum-Geben für die eigene Entwicklung des Kindes, bzw. den Gegenübers.
Wenn ich an meine eigene Mutter denke, dann fallen mit viele Beispiele ein, wie sie mich (als erste von drei Töchtern) ermuntert hat, meinen eigenen Weg zu gehen und unabhängige Entscheidungen zu treffen. Dennoch habe ich ein schwieriges und distanziertes Verhältnis zum Mütterlich-Sein. Weiblich zu sein, damit wollte ich mich viel eher identifizieren.
Warum haben väterliche Eigenschaften diesen negativen Beigeschmack viel weniger? Und was können wir tun, damit mütterliche Gesten frei von Zynismus positiv wahrgenommen werden? Wir freuen uns über Deine Kommentare auf www.instagram.com/wie.dich.selbst/. Oder unter www.facebook.com/wie.dich.selbst. Eure Susanne