16.07.2022
Zu meinem 50. Geburtstag habe ich mir selbst ein altes Cabrio gekauft. Ich war so begeistert davon, dass ich so etwas Unvernünftiges getan habe, dass ich dazu einen Schlüsselanhänger mit dem Aufdruck „meiner“ erstand.
Haben wollen ist menschlich
Manchmal erscheint ‚haben‘ mindestens genau so wichtig wie ‚sein‘. Darf das sein? In meinen Augen ist es ein Stück weit menschlich, dass es so ist. Aber grundsätzlichen sollte das Haben nicht unser ganzes Sein bestimmen. Das meinte schon Erich Fromm 1976. ‚Haben oder sein‘ ist eines der bekanntesten Bücher des Sozialpsychologen. Es traf mit seiner Konsumkritik genau den Nerv der 68er-Generation. Das Streben nach Besitz dominierte in den Augen Fromms und seiner Leser:innen schon damals die Gesellschaft zu sehr.
Konsum ist in den Jahrzehnten danach eigentlich ein noch lebensbeherrschenderes Thema geworden. Doch inzwischen gibt es eine immer größer werdende Bewegung, die hinterfragt, was wirklich zum Leben brauchen – auch weil ungebremster Konsum die Ausbeutung unserer Ressourcen ins Unermessliche steigert. Vielleicht gehört der Mensch dazu, der nahe seines Hauses aber ohne einen Gartenzaun diese Hängematte aufgehängt hat. Wer vorbeikommt, könnte sich hineinlegen. Kein Verbotsschild, keine Schild, dass Besitzverhltnisse anzeigt. Ich habe es dennoch nicht gewagt.
Fromm beschreibt in seinem Buch eine Gesellschaft notorisch unglücklicher Menschen. Selbst wer das für übertrieben hält: Dass Konsum eine Ersatzhandlung sein kann, müssten ehrliche Leser:innen bestätigen können. Ich fühle mich wertvoll, wenn ich mir etwas Schönes leiste. Ich gebe mir selbst damit etwas, was durchaus ein Ersatz sein kann für ein elementares Bedürfnis, das ich mir gerade nicht erfülle.
Ich kenne das von mir, obwohl ich es durchschaue. Das Glas Wein am Abend als Belohnung, obwohl etwas weniger Arbeit und mehr Zeit fürs Nichtstun eigentlich wichtiger wäre. Ein paar neue Schuhe nach einem wirklich anstrengenden Auftrag, statt den Kunden in seinen Erwartungen etwas mehr einzubremsen….
Wenn ich mich selbst etwas mehr lieben würde, wäre ich achtsamer für meine eigentlichen Bedürfnisse und hätte diese Ersatzhandlungen gar nicht nötig. Was denkst Du über Dein eigenes Konsumverhalten? Wir freuen uns über Deinen Kommentar! Eure Susanne