Den Takt bestimmst Du!

Urlaub. Morgen geht es los. 10 Tage.

28.08.2021

Als ich noch mit meinen Eltern in den Urlaub gefahren bin – das ist rund 40 Jahre her – waren 3 Wochen Urlaub normal. Handy gab es noch nicht, Internet auch nicht. Man war einfach weg. Abschalten? Es ging gar nicht anders.

Wohin treibt uns dieser sogenannte Fortschritt?
Als ich noch Geschäftsführerin einer Filmproduktionsfirma war, musste ich den männlichen Kollegen in der Holding gegenüber verteidigen, dass ich in den drei Wochen meines Indien-Urlaubs keine Mails lesen werde. Das ist jetzt 15 Jahre.

Heute beschließe ich, morgen ohne Laptop in den Flieger zu steigen. Das Krasse ist: Ich empfinde das als großen Schritt….

Wir leben im Zeitalter des Anthropozän.
Uns umgibt eine Infosphäre wie die Luft zum Atmen. Durch die Pandemie hat die digitale Kommunikation in unserem Leben noch mehr Raum eingenommen. Das wird langfristig wirken, auch wenn es inzwischen wieder mehr persönliche Kontakte gibt.

Es tut mir nicht nur körperlich gut, wirklich an nichts anderes zu denken und in den Tag hineinzuleben. Die Entspannung ist einfach eine andere. Wir wissen doch: Anspannung und Entspannung gehören zusammen, gehören in eine Balance. Auch meiner Kreativität, meinem vernetzten Denken wird die Pause gut tun. Die Reizüberflutung unseres Gehirns ist gefühlt kaum noch zu toppen. Nicht auf Empfang zu sein – ein Luxus.  

Ich glaube, dass die digitale Kommunikation unseren Umgang mit uns selbst, und in der Folge auch unseren Umgang mit anderen verändert. Wenn wir die Sinne weniger benützen, verkümmern sie.

Das wissen wir z.B. vom Orientierungssinn und der Wirkung, die die ständige Nutzung von Navis darauf hat. Studien zeigen, dass Taxifahrer, die ohne Navigationssysteme fahren, einen vergrößerten Hippocampus aufweisen. Das ist der Bereich, in dem der Orientierungssinn sitzt. Wenn wir in Zukunft immer mehr Navigationsaufgaben an Geräte abgeben, könnten wir verlernen, uns im Raum zu orientieren. Denn im Gehirn würden sich die entsprechenden Zellen dann nicht mehr vernetzen, warnen Neurobiologen.

Wie ist es dann also, wenn wir immer weniger direkten Kontakt mit der Welt haben? Wir nehmen uns mit allen Sinnen über unser Da-Sein in der Welt wahr, spiegeln uns auch in ihr. Doch wenn der indirekte Kontakt, vermittelt durch digitale Technik, unseren Tag dominiert, inwiefern sind unsere Gedanken, Gefühle und Sinne dann noch in der realen Situation, in der wir uns befinden?

Wenn ich vier Stunden Online-Training gegeben habe, ist meine Sehnsucht, den Blick wieder zu weiten sehr groß. Das ist doch ein Indiz dafür, dass meine Welt sich in dieser Zeit komplett auf den kleinen Bildschirm verengt hat. Ich glaube, meine Selbstwahrnehmung ist in diesen Bildschirmzeiten auf ein Minimum reduziert. Ich bin dann eigentlich nicht wirklich ‚bei‘ mir.   

Wie können wir glauben, dass es unsere Fähigkeiten als Menschen nicht tangiert, wenn die digitale Welt unsere Aufmerksamkeit mehr und mehr von uns selbst wegzieht? Oder ist es nur so, dass niemand darüber nachdenken möchte?

Warum fällt es so schwer alles abzuschalten? Worin liegt die Attraktivität der digitalen Kommunikation, mit der die analoge Welt kaum konkurrieren kann? Wie schaffst Du es, Dir digitale Auszeiten zu nehmen? Du selbst bestimmst Deinen Takt, Deine Taktung, Deine Balance. Gleichzeitig kreieren wir alle zusammen den Takt, den wir als ‚normal‘ empfinden. Wir freuen uns über Deine Kommentare auf unserem Instagram-Account: wie.dich.selbst. Oder unter www.facebook.com/wie.dich.selbst. Eure Susanne