09.07.2022
Mein Laptop war eine Woche im Ausnahmezustand – also in Reparatur und nicht nutzbar. Ich sollte vielleicht sagen, ich war im Ausnahmezustand. Doch das ist auch eine wunderbare Zeit, um sich mit dem Loslassen zu beschäftigen. Kann ich diese Hilfe von ‚Außen‘ - nach dem ersten Schreck, dass nichts mehr geht - vielleicht ein wenig als Geschenk sehen und dafür nutzen, mich im Loslassen zu üben?
Leicht war es nicht.
So wie das Loslassen selten leicht ist. Doch eins habe ich geschafft: Obwohl ich gerade viele To-Dos auf dem Schreibtisch hatte und durch das Technik-Chaos langsamer voran kam, habe ich mir jeden Tag 20 Minuten Power-Nab gegönnt.
Eiine Zumutung?
Ich möchte nichts Schön-Reden, aber: Meine Vermutung ist, dass wir in westlichen Industrienationen Lebenden es schwerer haben los zu lassen, als z.B. viele Menschen in Indien, die viel regelmäßiger zum Loslassen gezwungen sind und für die das deshalb vielleicht auch gar kein Thema ist. In einem Urlaub in GOA fiel mir auf, dass an der Küste Jahr für Jahr die Hütten am Strand vom Monsun zerstört und von den Einheimischen, die vom Tourismus leben, zur nächsten Saison wieder aufgebaut werden. Mir erschien es damals eine unvorstellbare Zumutung, dass mein fast gesamtes Hab und Gut mir Jahr für Jahr von der Natur geraubt werden könnte. Dabei gibt es heute auch bei uns im Westen die Erkenntnis, dass ein einfacheres Leben mit weniger Besitz befreiend sein kann.
Der Drang alles festzuhalten
Das hat bin mir noch wenig gefruchtet. Mich wundert immer wieder, wie groß mein Drang ist alles festzuhalten. Woher kommt die Sorge, dass ich so aufpassen muss, dass es genug für mich ist? Ich bin doch in der glücklichen Lage, noch nie einen echten Mangel erlebt zu haben. Oder liegt es gerade daran, dass ich nicht oft genug trainiert habe, wieder von vorne anzufangen? Und warum dehnt sich diese Sucht zum Festhalten auch auf Dinge aus, die ich eigentlich gar nicht wirklich brauche?
Dass wir auch Dinge festhalten, die gar nicht gut für uns sind, ist Teil eines Gedichts über die Selbstliebe, das Charly Chaplin an seinem 70. Geburtstag 1956 vorgetragen hat: ‚Als ich mich selbst zu lieben begann, habe ich mich von allem befreit, was nicht gesund für mich war, von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen und von allem, das mich immer wieder hinunterzog, weg von mir selbst. Anfangs nannte ich das „gesunden Egoismus“, aber heute weiß ich, das ist SELBSTLIEBE.‘
Was hilft Dir beim Loslassen? Wir freuen uns auf Deinen Kommentar! Euure Susanne